Ich denke, die Fotos sind deshalb so intensiv, weil der Fotograf es versteht, sich zurückzunehmen. Die fotografische Herangehensweise ist zwar nicht unwichtig, aber nicht Selbstzweck. Sie dient den Motiven und versucht nicht, sie zu usurpieren – weder durch technischen Overkill noch durch bemüht lakonisches, gespieltes Desinteresse, das derzeit an vielen akademischen Fotoschulen schwer en vogue zu sein scheint.
The fusion, the appropriation, the transfiguration of beauty, grace, and dignity, that makes us resemble one another a little more. A little more eternal as well. Lend me your face, let me gaze at you, admire you, possess you, take hold of your soul so we can all live within it, just as the American Indians believed they had surrendered the essence of their beings, stolen forever by the lens of Edward Curtis.
Gonnord ist im besten Wortsinne ein Lichtzeichner. Das ist nicht mal besonders ausgefuchst. Das Setup, meist ein »Rembrandt-Licht«, ist mit einfachen Mitteln zu realisieren. Es ist ein Ein-Licht-Setup aus 45° links oder rechts, mit oder ohne Reflektor zur Schattenaufhellung. Besonders ist die tiefe Positionierung (bis zu 45°) der Lichtquelle. Das Licht ist relativ stark gerichtet, nicht diffus. Die Kamera befindet sich frontal in Gesichtshöhe. Verwendet wird in den meisten Fällen ein Objektiv, das nicht verzeichnet – eine Portrait-Brennweite von Zeiss – an einer Hasselblad. Das Objektiv wird recht stark abgeblendet. In Sachen Schärfentiefe macht Gonnord keine Experimente und geht auf Nummer sicher. Funktioniert trotzdem.
Fotografiert hat Gonnord zunächst auf Film (Fuji NPH 400) und ließ die Bilder scannen; später verwendete er ein digitales Rückteil an der Hasselblad.
Sicher: Die Gesichter machen es dem Fotografen leicht. Es sind ausnahmslos grandiose Mensch-Landschaften, in die man sieht. Sie erzählen von einem Leben als Außenseiter – in Armut, als Obdachloser, als Blinder, als Zigeuner. Der Schmutz und Dreck – bei den spanischen Bergarbeiterbildern – tut ein Übriges. Authentizität beinah im Übermaß. Es fällt schwer, sich von diesen Blicken zu lösen.
Wenn es also nicht die Technik ist, die die Bilder zu etwas Besonderem macht, und die enorme Kraft fast ausschließlich aus den Portraitierten selbst kommt – was ist dann die Leistung des Fotografen? Er hat das wohl Schwierigste getan. Er lässt die Menschen vor der Kamera sein, was sie sind.