Wer mit einer Spiegelreflexkamera arbeitet und deren eingebauten Belichtungsmesser nutzt, dem kann es sogar bei Einsatz eines Balgengerätes in der Makrofotografie – in gewissen Grenzen – wurscht sein, wieviel Licht auf dem Weg vom Objektiv zum Film bzw. zum Sensor verloren geht. Der Grund: Der Belichtungsmesser berücksichtigt den Schwund und liefert dennoch brauchbare Messwerte.
Beim Einsatz einer Mittelformatkamera ohne eingebauten Belichtungsmesser und erst recht beim Fotografieren mit der Großformatkamera und großen Auszügen des Balgens sieht die Sache schon ganz anders aus. Zwar gibt es auch beim Großformat grundsätzlich die Möglichkeit, die Belichtung auf der Mattscheibe (also in der Filmebene) zu messen und somit den weiten Weg des Lichts zu kompensieren, aber die dafür notwendigen Gerätschaften – Kassette mit Messfühler zum Beispiel – sind nicht so weit verbreitet. Die meisten dürften mit einem Handbelichtungsmesser in der Licht- oder Objektmessung arbeiten und dann die am Setup gemessene Belichtungszeit anhand von Formeln oder Tabellen korrigieren.
Dazu muss der Verlängerungsfaktor x ermittelt werden, mit dem die gemessene Zeit multipliziert werden muss. Das geht nach dieser Formel:
Da kann man sich eigene Tabellen für alle möglichen Kombinationen von Blende und Balgenauszug anlegen, mit einem Taschenrechner oder der Rechner-App eines Smartphones arbeiten. Oder man bedient sich eines ganz und gar analogen und sehr einfachen Hilfsmittels, das einem den benötigten Korrekturfaktor unabhängig von der verwendeten Brennweite in Nullkommanix anzeigt. Das wäre die Quickdisc, die ein gewisser Philipp Salzgeber ausgetüftelt hat. Genial. Gehört nach meiner Meinung in jede Fototasche.
Sie besteht aus zwei Teilen, einer Scheibe (1), die in der zu fotografierenden Szene in der Schärfeebene platziert wird. Und aus einer Messskala (2), mit der man auf der Mattscheibe (dem Sucherglas) die Größe der abgebildeten Scheibe (1) abgreift. Dann lässt sich der korrekte Verlängerungsfaktor einfach ablesen.
Beispiel. Wir haben eine Tabletop-Aufnahme vor. Wir leuchten so aus, dass uns der Belichtungsmesser eine Belichtungsszeit von 1/30 bei einer Blende von f16 ausspuckt. Würden wir nun damit arbeiten, ohne den Balgenauszug und also den Lichtschwund zu berücksichtigen, bekämen wir eine derbe unterbelichtete Aufnahme. Wir stellen also die kleine Scheibe in das Setup, halten die Messskala auf die Sucherscheibe und messen den Umfang der dort abgebildeten Quickdisc. Heraus kommt ein Verlängerungsfaktor von 1.9. Wir multiplizieren also unsere 1/30 Sekunde damit (großzügig runden wir auf 2 auf) und stellen am Objektiv eine 1/15 bei Blende f16 ein. Nicht übel: Wir haben immerhin gerade die Belichtungszeit verdoppeln müssen, um eine korrekte Belichtung zu erreichen.
Die Skala zeigt auch Verlängerungsfaktoren in Blendenwerten an. In der Praxis dürfte es jedoch häufiger so sein, dass man die Blende nicht verändern möchte (Schärfentiefekontrolle!) und daher die Zeit korrigiert*.
Das klingt komplizierter als es ist und geht wirklich flott von der Hand. Die Scheibe und die Skala kann man sich als PDF herunterladen und ausdrucken. Ich habe sie jeweils auf ein Stück Pappe geklebt, damit sie besser zu handhaben ist. Ist sie mal verschlissen, drucke ich eben eine neue. Ich werde noch jeweils ein Stück Klettband anbringen, damit die beiden Teile zusammen bleiben. Ein Gummiband oder ein Tütchen tut’s natürlich auch.
Hier steht das geniale Helferlein zum Download bereit.
* Noch nicht berücksichtigt bei der Korrektur der Belichtungszeit ist der Schwarzschildeffekt, der je nach verwendetem Filmmaterial unterschiedlich stark zuschlägt und eine weitere Verlängerung der Belichtung erfordern kann.