Vom Glaser zum Fotografen

Atelier Schäffer Mennighüffen

Heu­te bin ich auf einen klei­nen foto­gra­fi­schen Schatz Ost­west­fa­len-Lip­pes gesto­ßen, von dem ich noch nie gehört hat­te, obwohl er in mein Inter­es­sens­ge­biet fällt und noch dazu in der Regi­on liegt. Das Foto­ate­lier Schäf­fer in Löh­ne-Men­nig­hüf­fen-West­scheid, ein denk­mal­ge­schütz­ter Bau aus dem 19. Jahr­hun­dert, ist schon eine ech­te Rari­tät.

Es han­delt sich um einen frei­ste­hen­den Zie­gel­bau, der 1897 zu kei­nem ande­ren Zweck errich­tet wur­de, als als »Tages­licht­ate­lier mit Labo­ra­to­ri­um« zu die­nen. Aber auch die Fotos, die des­sen Grün­der Gott­lieb Schäf­fer gemacht hat, sind fas­zi­nie­ren­de Zeit­do­ku­men­te. Zwar sind eini­ge Sze­nen im Ate­lier (nach-)gestellt wor­den, aber das tut ihrer Wir­kung kei­nen Abbruch. Es gibt auch eine gan­ze Rei­he von Bil­dern, die um die Jahr­hun­dert­wen­de und spä­ter an den tat­säch­li­chen Schau­plät­zen ent­stan­den sind, die einen unver­fälsch­ten Blick auf das dörf­li­che Leben West­fa­lens und sei­ner Men­schen ermöglichen.

Screenshot von books.google
Screen­shot von books.google

Ich habe kei­ne Bil­der (Scans der alten Ori­gi­nal­auf­nah­men) gefun­den – da scheint jemand den Dau­men drauf zu haben -, aber es gibt eini­ge Repros aus dem Buch »All­tag auf dem Lan­de« von Diet­mar Sau­er­mann und Ger­da Schmitz, die als »public domain« auf »Wiki­me­dia Com­mons« zu fin­den sind. Schon die sind recht beein­dru­ckend. Es lohnt sich, sie län­ger zu betrach­ten und sich in die Details zu ver­tie­fen. Das Buch habe ich mir aber auch bereits bestellt.

Mir ist nicht ganz klar, in wel­chem Zustand das Ate­lier der­zeit ist. Es gibt Berich­te, der heu­ti­ge Eigen­tü­mer habe es zwar ursprüng­lich abrei­ßen wol­len, sich aber über­zeu­gen las­sen, das nicht zu tun. Statt­des­sen habe sich der Enkel von Gott­lieb Schäf­fer – wie sein Vater Fried­rich und sein Groß­va­ter eben­falls Foto­graf – ent­schlos­sen, es zu renovieren.

Was dar­aus gewor­den ist, weiß ich nicht. Ich wer­de wohl mal ver­su­chen, mit Diet­rich Schäf­fer Kon­takt auf­zu­neh­men. Ich wür­de die­ses beson­de­re foto­gra­fi­sche und kul­tur­his­to­ri­sche Klein­od ger­ne ein­mal per­sön­lich sehen.

Ein bisschen Hintergrund

Mit Gott­lieb und Fried­rich Schäf­fer leb­ten in Men­nig­hüf­fen zwei außer­ge­wöhn­li­che Foto­gra­fen, die Men­schen und Lebens­ver­hält­nis­se ihrer Zeit in mög­lichst vie­len Facet­ten mit ihrer Kame­ra fest­zu­hal­ten such­ten. Der Vater, Gott­lieb Schäf­fer (1861 – 1934), erlern­te das Gla­ser- und Maler­hand­werk, muss­te aber krank­heits­be­dingt (Blei­ver­gif­tung nach jah­re­lan­gem Umgang mit blei­hal­ti­gen Far­ben) sei­nen Beruf auf­ge­ben und eröff­ne­te 1897 eine Foto­werk­statt in Westscheid.

Er erle­dig­te hier zwar pflicht­ge­mäß die übli­chen (Portrait-)Auftragsarbeiten, sei­ne eigent­li­che Lei­den­schaft galt aber der foto­gra­fi­schen Doku­men­ta­ti­on sei­ner bäu­er­li­chen Umge­bung. Als Gott­lieb Schäf­fer sich nach dem Ers­ten Welt­krieg all­mäh­lich aus dem Foto­ate­lier zurück­zog, setz­te sein Sohn Fried­rich (1891 – 1976) sei­ne Arbeit fort. Außer den Moti­ven sei­nes Vaters nahm er jedoch auch die umge­ben­de Land­schaft und die umlie­gen­den Orte auf.

Einen wei­te­ren Schwer­punkt bil­de­ten Por­trait­auf­nah­men. Neben sei­nem Beruf als Foto­graf erlern­te Fried­rich Schäf­fer in den 1930er Jah­ren in Abend­kur­sen an der Kunst­ge­wer­be­schu­le in Bie­le­feld das Zeich­nen. In den Jahr­zehn­ten danach ent­stan­den eine Viel­zahl von Feder- und Koh­le­zeich­nun­gen, die u.a. das durch die Erwe­ckungs­be­we­gung reli­gi­ös gepräg­te bäu­er­li­che Leben in herb stren­ger Idyl­le fest­hal­ten. Auch der Enkel bzw. der Sohn von Gott­lieb und Fried­rich Schäf­fer, Diet­rich Schäf­fer, setz­te die Arbeit sei­ner Vor­gän­ger fort. (aus einer Ankün­di­gung zu einer Aus­stel­lung des Hei­mat­mu­se­ums Löh­ne 2011)

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